Motivation für die MINT-Fächer

Auch das Neue Jahr 2011 wird unsere Überzeugungskraft und Motivationsfähigkeit gegenüber denen, die wir im Bereich der Naturwissenschaften unter unsere Fittiche genommen haben, wieder im vollen Maß fordern. Und das zu recht. Kaum hat das Jahr begonnen, erscheinen die üblichen Negativschlagzeilen in den Medien.

In einer der ersten Ausgaben des Hamburger Abendblattes konnten wir unter der Rubrik: „Akademiker“ lesen: „Naturwissenschaft und Technik vergreisen: Die Branchen, in denen so genannte MINT – Akademiker arbeiten (Absolventen eines Mathematik-, Informatik-, naturwissenschaftlichen oder technischen Studiums), vergreisen zunehmend.“

Der Artikel weist im weiteren Verlauf auf das im Grundsatz bekannte Missverhältnis zwischen Ausübenden im Altersbereich zwischen 56 und 65 Jahren und der nachwachsenden Generation in diesen Berufssparten hin.

Der Ansporn – auch im kommenden Jahr wieder – für alle, die es angeht, muss sein, dieser Entwicklung nach Kräften entgegen zu wirken. Der Alltag des Lehrens und Lernens auf dem Gebiet der Naturwissenschaften zeigt immer wieder deutlich, dass das A und O des Begreifens und Beherrschens von Lernzielen nur durch systematisches Vorgehen und strukturierte Arbeit auf beiden Seiten zu erreichen ist – beim Vermitteln wie beim Aufnehmen.

Dabei kommt den Jahren, in denen die Basiskenntnisse – Umgang mit den Zahlen generell und Grundrechenarten – erlernt werden, eine sehr große Bedeutung zu. Versteckte Defizite aus dieser Phase der Ausbildung belasten im erheblichen Maße die Fortschritte und Erfolge in Mittel- und Oberstufe. Die Erfahrung mit Schülern in diesen Ausbildungsphasen zeigt regelmäßig, dass das Verständnis des aktuellen – dann ja schon „gehobenen“ – Lernstoffes, etwa der Differential- oder Integralrechnung, nicht das eigentliche Problem ist. Misserfolge bei der Lösung von Aufgaben und insbesondere bei den so wichtigen Klausuren haben häufig ihre Ursache in diesen verschleppten Lücken im Bereich des vorerwähnten Basiswissens. Als typische Beispiele seien der fehlerhafte Umgang mit Brüchen und Bruchtermen oder die unsichere Handhabung von Wurzelausdrücken genannt. Es ist gewiss viel erreicht, wenn die / der Lernende seinen Spaß daran hat, das eigentlich aktuelle Themengebiet verstanden zu haben. Dennoch bleibt die Motivation auf der Strecke, wenn die gute Beurteilung der Leistung wegen derartiger Basisdefizite ausbleibt. Da hilft dann nur, ebenfalls wieder mit Systematik und Struktur in die „Niederungen“ hinab zu steigen und das Fehlende aufzuarbeiten.

Doch zurück zum Thema „Motivation“: Gelegentlich trifft man auf Menschen, die – von Begeisterung für ihr Fach getrieben – eine Steigerung ihres Lebensgefühles durch intensive Beschäftigung mit zum Beispiel der Mathematik empfinden. In diesem Sinne erinnere ich mich sehr gerne an die Mathematikvorlesungen während meines Ingenieursstudiums an der Technischen Universität Berlin.

Prof. Ernst Mohr war nach persönlich sehr schlimmen Erlebnissen in der nationalsozialistischen Zeit im Zeitraum 1946 bis zu seiner Pensionierung 1978 Direktor des Instituts für Mathematik an dieser Universität. Die ihn erleben durften wissen, dass er ein begeisterter Mathematiker war. Ständig bemüht, sein Wissen und seine Begeisterung an die Zuhörer weiter zu geben. Zu einem Nachmittagsseminar zum Thema „Differentialgleichungen“ erschien er – gutgelaunt und sichtlich erfrischt durch die Kaffeepause – und begann in gewohnt schwungvoller Weise die langen Tafeln im großen Physikalischen Hörsaal zu füllen. Als die Studierenden zunehmend ihre Verständnisprobleme durch Scharren mit den Füßen und Klappern mit den Garderobenmarken äußerten, dreht er sich strahlend um und sagte mit Emphase: „Meine Damen und Herren, wenn sie traurig sind, lösen sie eine Differentialgleichung!“

Dieses hohe Maß an Begeisterung für sein Fach Mathe und der gelebte Motivationswille dieses Hochschullehrers sind sicherlich außergewöhnlich. Dennoch wünschte ich allen denen, die naturwissenschaftliches (= MINT) Wissen zum Wohle unserer Gesellschaft vermitteln wollen, ein wenig von der Fähigkeit, dieses Wissen überzeugend und motivierend an die Lernenden weiter zu geben.

Die Richtung ist klar, die Ausführung oft schwierig. Aber auch hier hilft ein Aufruf, den der zuvor zitierte Prof. Ernst Mohr oft an seine Studierenden richtete – insbesondere vor Klausuren: „Nur Mut!“

Der Nachhilfe News Blog ergänzt dieses mit „Nur MINT!“ 🙂

Veröffentlicht von

Hensel

Prof. Dr. Wilfried Hensel, TU Berlin. 30 Jahre naturwissenschaftliche Lehrerfahrung

17 Gedanken zu „Motivation für die MINT-Fächer“

  1. Das weißt bestimmt jeder, dass die Motivation sehr wichtige Rolle spielt. Ohne Motivation kommt man nicht weit vor. Ich denke, dass es nicht nur an der Begeisterung für sein Fach liegt, ob jemand die Lernenden motivieren kann. Die Begeisterung geht zusammen mit der positiven Lebenseinstellung.

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