Warum Hausaufgaben so wichtig sind

Immer mehr Schulen in Hamburg werden in Ganztagsschulen umgewandelt. Mittlerweile bieten alle Hamburger Grundschulen bis auf drei Ausnahmen die Ganztagsbetreuung an. Viele Eltern nehmen das Angebot der Nachmittagsbetreuung dankbar an.

An Ganztagsschulen ist natürlich Regel, dass üblicherweise keine Hausaufgaben im klassischen Wortsinn für zu Hause mehr von den Lehrern aufgegeben werden. Auch bei teilweisem Besuch der Nachmittagsbetreuung oder bei Schulen, in denen sich der Unterricht nach dem „leckeren“ Mittagessen fortsetzt, gibt es den „langen Tagen“ keine Hausaufgaben mehr.

Für die Schüler ist das natürlich erst einmal ganz prima: Um 16:00 Uhr aus der Schule kommen und wie Mama und Papa „Feierabend“ zu haben und sich nicht mehr mit Aufgabenstellung in Mathe, Deutsch oder Englisch auseinander setzen zu müssen. Wirklich freiwillig wird von Schülern ja nicht immer gelernt. Aber ist das so für den dauerhaften Wissenserwerb der Schüler hinreichend?

Zunächst einmal: Warum gibt es denn überhaupt Hausaufgaben? Dieses Instrument des scheinbaren nachschulischen Sadismusses, mit dem ein Fachlehrer -/in Schüler auch nach längst erfolgtem Unterrichtsschluss bis in ihr häusliches Refugium hinein noch „quälen“ kann? Nein, sicher nicht nur deswegen 😉

Ein Fachlehrer vergibt Aufgabenstellungen für zu Hause unter anderem aus folgenden Gründen:

  • Konditionierung / Festigung des im Fachunterricht behandelten Stoffes
  • Anwendung und / oder Umsetzung des vermittelten Stoffes auf ein Problem

Der Schwierigkeitsgrad in den Fächern steigt in der Regel mit den Wochen, Monaten und Jahren in der Schule an, weshalb wir zum Beispiel Mathe, Deutsch oder Englisch als sogenannte „Treppenfächer“ (näheres dazu auf unserer Seite: Warum Nachhilfe?) bezeichnen, in denen das Wissen von Schuljahr zu Schuljahr aufeinander aufbaut.

Um in den Schulfächern „Kompetenzen“ zu entwickeln, ist logischerweise konditioniertes, verfestigtes Basiswissen eine notwendige Voraussetzung. Begabung und Intelligenz ist die eine Voraussetzung, das „Basiswissen“ die andere.

Ein Deutsch-Aufsatz kann – trotz der guten Idee, die ja aus der individuellen Kreativität und Fantasie der Kinder kommt – ohne vorhandenes, verfestigtes Basiswissen von Rechtschreibung, Satzbau, Interpunktion und Zeiten dann trotzdem „in die Hose“ gehen. Ein Term im Fach Mathematik ist unter Umständen nicht korrekt lösbar, wenn die Binomischen Formeln nicht anwendungssicher vorliegen.

An Ganztagsschulen ist das Hausaufgaben-Instrumentarium aber so nicht mehr zu spielen, weswegen sich viele dieser Schulen dann mit sogen. „Still-Arbeitszeiten“ behelfen müssen, in denen die Schüler in Klassenverbänden oder noch größeren Gruppen unter Aufsicht Aufgabenstellungen aus dem jeweiligen Fachunterricht zu Ende bearbeiten können.

Die Lern- und Wissenstransferqualität für den einzelnen Schüler dieser so in einer Gruppe erledigten Aufgabenstellung ist natürlich stark schwankend. Der Geräuschpegel in diesen Hausaufgaben-Gruppen entspricht nachvollziehbar nicht dem in einer Andachtshalle… Jeder weiss ja, dass man eine ruhige Arbeitsatmosphäre benötigt, wenn man sich mit bisher unbekanntem oder schwierigen Aspekten auseinander setzen muss oder neu erworbenes Wissen verfestigen möchte.

Sich nur darauf zu verlassen, dass das schulisch zu erwerbende Basiswissen schon mit dem bloßen Produzieren auf’s Papier anwendungssicher in den Köpfen der Schüler landet, bedeutet ein bisschen zu viel Urvertrauen in die Merk- Verständnis- und Speicherfähigkeit von Kindern zu setzen.

Selbst wenn Kinder unter ruhigen, die Konzentration fördernden Arbeitsbedingungen Wissen aufnehmen, lernen diese zeitpunktbezogen in einen Bereich des Mittelfrist-Gedächtnisses. Die Halbwertzeit des so Abgespeicherten liegt im Mittel bei ca. 21 Tagen und verfällt bei Nichtwiederholungen degressiv. Ein erwachsenes Gehirn lernt zeitraumbezogen und selektiv und speichert für wichtig empfundenes erworbenes Wissen anders.

Ein einfacher Test zur Überprüfung: Vokabeln, die heute gekonnt wurden, in drei Wochen nochmals beim Schüler abfragen. Liegt die Treffer-Quote über 50%, ist der Schüler erfreulicherweise über der Norm, wenn die vorher gelernten Vokabeln nicht Gegenstand des Tagesschulunterrichtes waren. Oder die binomischen Formeln mal drei Wochen nach der Klassenarbeit nochmals abfragen…

Viele Schulfächer, beispielsweise Mathematik und Physik, sind in den ersten Jahren modular ohne „natürliche Wiederholung“ aufgebaut und vernetzen die Einzel-Wissensteile erst in höheren Klassenstufen.

Selbstständig, in Ruhe zu Hause (!) erledigte Hausaufgaben helfen also, im Fachunterricht erworbene Kenntnisse und Erkenntnisse zu verfestigen und später das Wissen dann auch auf neue Problemlagen anwenden zu können.

Veröffentlicht von

Dr. Kai Pöhlmann

Dr. Kai Pöhlmann ist Inhaber der ABACUS Nachhilfe Institute Hamburg und Kreis Pinneberg und Gründer des ersten ABACUS-Nachhilfeinstitutes nördlich der Isar. Google+

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