PISA 2012 – deutsche Schüler im Vergleich?

Die OECD hat heute die Ergebnisse des aktuellsten internationalen PISA-Tests aus 2012 veröffentlicht. PISA ist eine internationale Schulleistungsstudie, bei der gemessen wird, welches Schulwissen in den getesteten Bereichen 15-Jährige Schülerinnen und Schüler (SuS) angesammelt haben und es situationsbezogen anwenden können. Die SuS-Leistungen werden dann mit den Leistungen aller anderen teilnehmenden (Industrie-)Länder verglichen und in eine Rangfolge zueinander gebracht.

Über die Testkriterien und deren Aussagekraft für die zukünftige Ausgestaltung von Schulsystemen in den getesteten Ländern kann (und sollte) man trefflich streiten und auch in Deutschland mehrt sich die teils fundierte Kritik an der Allgemeingültigkeit und an den bisherigen bildungspolitischen Rückschlüssen von PISA in Deutschland.

Bei wohlwollender Betrachtung kann angeführt werden, dass die Messkriterien für alle Länder gleich sind und somit in der Tat – nach identischen Kriterien – eine Skalierung zulassen und damit sich die Erkenntnis herausbildet, dass eine 15-jähriger in Belgien die vergleichbaren Mathe-Aufgaben schneller und besser bewältigt als ein deutscher Schüler und dass ein polnischer SuS eine höhere Lesekomeptenz als ein vergleichbarer deutscher SuS aufweist, der sich in diesem Kompetenzfeld auf der gleichen Stufe wie ein vietnamesischer SuS befindet.

Inwieweit sind Daten zur Lesekompetenz aus Ländern mit homogeneren Schülerschaften überhaupt mit Länderdaten mit heterogener Schülerschaft und unterschiedlichen Muttersprachen korrelierbar?

Es stellt sich die Frage, welche wissens- und bildungspolitische Aussagekraft sich hinter solcherart gewonnenen Erkenntnissen verbirgt und ein Vergleich mit den „Vor-PISA-Zeiten“ lohnt auch, denn PISA-Ergebnisse suggerieren ein vordergründig ökonomisch-volkswirtschaftliches Interesse und sollen bildungspolitische Handlungsbedarfe aufzeigen:

„…Stellt die Bildungsstrukturen in Eurem Land so um, wie es die Länder im oberen Rankingdrittel getan haben, dann werdet auch ihr volkswirtschaftlich auf der Erfolgsspur landen.“

So suggeriert PISA, dass zum Beispiel eine höhere Länder-Abiturquote ein BIP-steigernder Faktor sei.

Ist dem so? Sind die Länder im oberen PISA-Ranking wirtschaftlich tatsächlich erfolgreicher und haben gerechtere und effektivere Volkswirtschaften? Wie wirtschaftlich erfolgreich war und ist denn die BR Deutschland in den Vor-PISA-Zeiten im Vergleich zum heutigen Stand? Hat sich hier etwas signifikant zum Positiven verändert?

Ist unter humanistischen Bildungsaspekten eine Art der Beschulung und Wissensvermittlung wie beispielsweise in asiatischen Ländern üblich, für unsere aufgeklärte Gesellschaftsordnung von den Teilnehmern erwünscht?

Denkt man hier mal weiter, hat zum Beispiel die OECD-empfohlene höhere Abiturquote zu überlaufenen Hochschulen und höheren Studiums-Abbrecherquoten geführt, „Exportweltmeister“ ist die BRD seid einigen Jahren auch nicht mehr und schlussendlich haben die schnellen, mit der heißen Nadel gestrickten Reformen innerhalb des deutschen Schulsystems zu nicht unerheblicher Unruhe innerhalb der gesellschaftlichen Aktanten geführt.

Von einem stabilen, von einer gesellschaftlichen Mehrheit getragenem und akzeptierten schulischen Bildungssystem scheinen wir in PISA-Zeiten fast noch weiter entfernt…

Ohne Frage ist kummuliertes, wieder abrufbares und anwendungssicher vorhandenes Wissen ein (!) Indikator für eine spätere erfolgreiche Teilhabe am gesellschaftlichen Wertschöpfungsprozess. Und ohne Basiswissen bekanntlich kein Kompetenzerwerb.

Aber Bildung von SuS umfasst noch deutlich mehr, hat mehr Facetten als ein Mathe- oder Leseranking im internationalen Vergleich und ist schon gar nicht nur auf das Handlungsfeld Schule – welches ja nicht nur kummuliertes Wissen, sondern eben auch und gerade Bildung vermitteln soll – begrenzt… Vielleicht müssen wir in Deutschland wieder „ein wenig über PISA hinausdenken“ und uns mehr auf unsere innerländischen, typisch deutschen „Schulbaustellen“ fokussieren. Hier hat Vieles in der länderspezifischen, deutschen Schullandschaft noch Potenzial nach oben und ein Vergleich mit polnischen oder vietnamesischen Schülerleistung ist hier nur bedingt für uns tauglich 😉

Veröffentlicht von

Dr. Kai Pöhlmann

Dr. Kai Pöhlmann ist Inhaber der ABACUS Nachhilfe Institute Hamburg und Kreis Pinneberg und Gründer des ersten ABACUS-Nachhilfeinstitutes nördlich der Isar. Google+

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