Mathematik Nachhilfe-Bilanz

Nachdem die mündlichen Tests und die Abschlussklausuren des Abiturs in Hamburg und dem Kreis Pinneberg geschrieben und die Zeugniszensuren bekannt sind, bleibt für die Schülerinnen / Schüler und deren Eltern noch die bekannte Stress-Situation zu bestehen, die erreichten Ergebnisse in den einzelnen Fächern zu bewerten und gegebenenfalls hinsichtlich möglicher Konsequenzen für die weitere Entwicklung in der Ausbildung zu kommentieren und zu analysieren.

Diese Phase dürfte für die Schülerinnen und Schüler der Regionen Hamburg und Schleswig-Holstein in diesem Sommer größtenteils überstanden sein, die Familien haben die Sommerferien angetreten und viele sind bereits zu ihren Ferienorten abgereist.

Der mit den MINT-Fächern befasste ABACUS Physik und Mathe-Nachhilfelehrer erlaubt sich im Rückblick auf das zurückliegende Schulhalbjahr eine bescheidene Bilanz zu ziehen. Was wurde erreicht?

Bezogen auf die Gesamtzahl der unterrichteten Nachhilfeschüler in den MINT-Fächern und deren Eingangsnote „5“ erreichten 80% der Schüler eine Abschlussnote besser als 3 (befriedigend), wobei 60% mit einer Note besser als 2,0 (gut) abschlossen. Beim Rest der Schüler konnte zumindest das „Mangelhaft“ vermieden werden.

Besonders motivierend war im Übrigen die Tatsache, dass die ursprüngliche Einstellung eines Teiles der Schüler zu den MINT-Fächern sich deutlich gewandelt hat.

Hervorzuheben ist, dass ein Schüler, der zu Beginn des Schuljahres von der Realschule zum Gymnasium gewechselt hatte mit der Absicht, die MINT-Fächer Mathematik und Physik in Richtung auf das Abiturium abzuwählen, nunmehr diese Fächer als Schwerpunktfächer für das Abitur im nächsten Schuljahr gemeldet hat (sic!).

Das macht Mut und stimmt froh bei allen direkt Beteiligten und sollte ein Zeichen setzen. Der Autor möchte dieses Schuljahr nicht hinter sich lassen, ohne möglichen Ursachen derartigen Sinneswandels nachzuspüren.

Getreu dem bekannten Spruch „Non Res sed Rerum Cognoscere Causas“ (Vergil) geht es doch auch im Bereich der Mathematik vorrangig darum, die Zusammenhänge zu erkennen. Gewiss, man kann die Regeln und Gesetze der Mathematik erlernen und sozusagen als Tools anwenden, um Aufgaben aus dem MINT-Bereich zu lösen, ohne nach den Hintergründen zu forschen. Wenn es jedoch gelingt, die Mathematik als gesamtheitliche Struktur zu erkennen und zu begreifen, können unerwartete Sympathien entstehen, und in der Regel wird auch der Lernaufwand aus dem Gesamtverständnis heraus geringer. Im Bereich der Schulmathematik sind die Möglichkeiten in dieser Richtung naturgemäß begrenzt, aber größer als vermutet.

Greifen wir wieder in die ergiebige „Mathe-Kiste“ der Euklidischen Geometrie: Die Dreiecke sind wohl die einfachsten geometrischen Figuren. Sie sind jedoch nicht „ohne“. Jedes Vieleck – ausnahmslos – lässt sich aus Dreiecken zusammensetzen; sie sind von großem praktischem Nutzen zum Beispiel in der Konstruktion, der Geodäsie (Ingenieurswissenschaften) und in der Himmelskunde. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur einen Aspekt herausgreifen: Die Eigenschaft der Kongruenz. Zwei Dreiecke sind kongruent, wenn sie in Größe und Form übereinstimmen.

Es gibt nun vier Kongruenzsätze, die da lauten:
Dreiecke sind kongruent, wenn sie

  1. in drei Seiten übereinstimmen: SSS
  2. in zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel übereinstimmen: SWS
  3. in einer Seite und den zwei anliegenden Winkeln übereinstimmen: WSW
  4. in zwei Seiten und dem der größeren Seite gegenüberliegenden Winkel übereinstimmen: SSW

Auf der Basis dieser Sätze und der Dreiecksgrößen, die dort genannt sind, lassen sich die jeweiligen Dreiecke mit Hilfe von Geodreieck, Zirkel und Bleistift konstruieren, die Lösung ist immer eindeutig. Das ist Stoff der 8. Klasse. Schon den Mathematikern der Antike war klar, das alles was exakt konstruierbar ist, auch mit analytischen Mitteln berechenbar ist, wenn auch die Methoden größtenteils noch nicht verfügbar waren. Der Mathematiklehrer tut bei der Behandlung derartiger geometrischer Themen gut daran, auf diesen Sachverhalt im Hinblick auf die spätere Behandlung der Trigonometrie deutlich hinzuweisen, gelegentlich geschieht dies auch. Es geht also bei diesen Konstruktionen darum, das jeweilige Dreieck maßgerecht zu zeichnen und die fehlenden Größen, Seiten und Winkel aus der Zeichnung zu entnehmen.

Zu einem späteren Zeitpunkt – etwa in der 10. Klasse – begegnen den Mathematik-Schülerinnen und -Schülern die Dreiecke ein weiteres Mal:

Im Teilgebiet Trigonometrie werden zunächst die Trigonometrischen Funktionen SINUS, KOSINUS und TANGENS an speziellen Dreiecken, den Rechtwinkligen erläutert. Den krönenden Abschluss dieses Kapitels bilden dann die sogenannten Sinus- und Kosinussätze, die den Zusammenhang zwischen den Seiten und Winkeln von beliebigen Dreiecken beschreiben.

Hier schließt sich also der Kreis zwischen Konstruktion und Berechnung. Ohne auf Einzelheiten eingehen zu können, soll darauf hingewiesen werden, dass diese Sätze direkt mit den zuvor erwähnten Kongruenzsätzen korrelieren. Je nach Aufgabenstellung, also in Abhängigkeit davon, welcher der vier Kongruenzsätze auf Grund der vorgegebenen Dreiecksgrößen zutrifft, lassen sich mit Hilfe der Sinus- beziehungsweise Kosinussätze die fehlenden Dreiecksgrößen ausrechnen. Es lohnt sich, diesen strukturellen Zusammenhang deutlich zu machen. Gute Schulbücher tun dies, in dem sie zu den Aufgabenblöcken im Übungsteil eine Skizze der entsprechenden Dreieckskonstruktion (SSS, SWS, WSW beziehungsweise SSW) am Rande hinzufügen. Wer Zusammenhänge versteht, hat mehr Spaß und mehr Erfolg beim Lernen. Und damit ab in die Ferien, diese Art Spaß brauchen wir dann wieder im neuen Schuljahr!

Veröffentlicht von

Hensel

Prof. Dr. Wilfried Hensel, TU Berlin. 30 Jahre naturwissenschaftliche Lehrerfahrung

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