Kalorienabbau im Sommer

Unsere schwedischen Nachbarn charakterisieren den Sommer als die Jahreszeit, in der man schlecht Ski laufen kann. Die diesjährigen Sommerferien in der Schulregion Hamburg und Pinneberg sind vorüber. Wer diese  Wochen seit Ende des Schuljahres in der Heimat verlebt hat und – erst recht – wer kürzlich von seiner Ferienreise in sonnigere Gefilde zurück gekehrt ist, wird die schwedische Einschätzung der Sommerzeit im laufenden Jahr auch für unsere Region Hamburg / Pinneberg als höchst gerechtfertigt einstufen…

Eine der vielen Möglichkeiten, sich die Wartezeit auf das nun sicher bald anstehende Ende dieser trüben Tage zu verkürzen, ist zum Beispiel der Gang ins Fitness-Studio. Der ABACUS-Nachhilfelehrer kann es natürlich nicht lassen, auch bei dieser Gelegenheit die Allgegenwart naturwissenschaftlicher Phänomene aufzuspüren, die hierfür geltenden Gesetzmäßigkeiten bewusst zu machen und sich daran zu erfreuen, dass die Physik und Mathematik uns allenthalben im Alltagsleben begegnet, auch bei harmlosem Zeitvertreib in der Ferienzeit.

Beliebte Geräte für das Ausdauertraining sind bekanntlich Fahrräder verschiedener Bauart und mit unterschiedlichen Belastungscharakteristiken. Beim Zirkeltraining etwa freut sich die trainierende Dame neben mir darüber, dass das Treten der Fahrradpedalen immer leichter geht, je schneller sie diese bewegt. Der Grund hierfür ist, dass die Belastungscharakteristik dieser Art von Fahrrädern eine konstante Ausgangsleistung vorsieht. Diese wird vor Beginn des Trainings durch entsprechende Einstellung vorgewählt. Der „clevere“ ABACUS –Nachhilfeschüler weiß natürlich, dass die Leistung proportional dem Produkt aus Drehmoment und Drehzahl ist: P ~ M * n.
Das Drehmoment (auf dem Anzeigetableau normalerweise als „Widerstand“ bezeichnet) – gemessen in der Einheit Nm (siehe Beitrag „die Crux mit den Einheiten„) – repräsentiert die Kraftanstrengung beim Treten der Pedale. Die Drehzahl n – gemessen in 1/s – steht für die Geschwindigkeit, mit der die Pedale gedreht werden. Die Leistung ergibt sich dann in W (Watt).

Bei dieser Trainingsart reduziert also die Belastungsregelung des Fahrrades bei steigender Drehgeschwindigkeit den Tretwiderstand (Drehmoment) mit dem Ziel, die Leistung konstant zuhalten. Die Arbeit, die während des Trainings auf diesem Fahrrad erbracht wird, ergibt sich dann aus der Leistung P und der Trainingsdauer t aus der Beziehung: W = P * t. (in Ws oder Joule).

Natürlich will die zuvor erwähnte Dame (oder der Herr…) dringend wissen, ob sich die ganze Schinderei denn auch gelohnt hat. Das Zahlentableau des Fahrrades zeigt zu diesem Zwecke am Ende des Trainings die geleistete Arbeit an, allerdings in einer Einheit, die veraltet und nach geltenden EU-Richtlinien nur noch begrenzt zulässig ist, nämlich in Kilokalorien (kcal) statt in Wattsekunden beziehungsweise Joule an. Bei der Angabe der während des Trainings geleisteten Arbeit sind Konstruktionsmerkmale und innere Wirkungsgrade des Trainingsgerätes berücksichtigt, die der Anwender nicht kennt, weshalb ein Vergleich unterschiedlicher Trainingsgeräte nicht unbedingt gegeben ist.

Eine andere Variante dieser Trainingsfahrräder bietet die Möglichkeit, den Tretwiderstand, also das Drehmoment M, fest vorzuwählen. Dann hängt die Ausgangsleistung P nach oben genannter Formel von der Tretgeschwindigkeit n ab. Bei dieser Belastungskennlinie würde die vorerwähnte Trainingsdame keinerlei Erleichterung verspüren, wenn sie die Pedale schneller bewegt. Im Gegenteil: Die Quälerei wird immer ärger, je schneller die Pedale getreten werden, weil ja die Leistung steigt.

Daher hängt die im Training geleistete Arbeit nicht nur von der Länge des Trainings, wie bei der erstgenannten Fahrradvariante, sondern auch vom „Fleiss“ während des Trainings ab. Aber jeder Fleiß will ja belohnt werden durch einen Preis.

Welche Erwartungen emsig trainierende Damen oder Herren hierbei hegen können, mag folgendes Beispiel zeigen: Gesetz den Fall, dass über 15 Minuten mit im Mittel ca. 70 Watt trainiert wurde, so weist die Anzeige eines derartigen Trainingsgerätes schließlich eine geleistete Arbeit von ca. 90 Kalorien aus. Abgesehen davon, dass die Angabe der Einheit falsch und verwirrend ist, denn es muss zweifellos Kilokalorien (kcal) heißen, ist die Motivation durch das geleistete Ergebnis nicht gerade umwerfend. Denn man bedenke: Eine deutsche Standard-Frikadelle, hoffentlich bestehend aus Ingredienzien gemäß bundesdeutscher Hackfleischverordnung steht mit schon 182 kcal in der Kalorientabelle…

Veröffentlicht von

Hensel

Prof. Dr. Wilfried Hensel, TU Berlin. 30 Jahre naturwissenschaftliche Lehrerfahrung

Schreibe einen Kommentar