Erzieher in Deutschland: Unterbezahlt und überfordert?

Die GEW hat eine Studie zum Beruf der Erzieherin in Auftrag gegeben und die Ergebnisse heute veröffentlicht.

Die Ergebnisse der Studie „Die berufliche, familiäre und ökonomische Situation von Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen“ liegen jetzt vor. Der Nachhilfe News Blog Hamburg hat auch gelesen:

Die Studie zielt vordergründig auf die nicht gerade attraktiven Arbeitsbedingungen von Erzieherinnen ab: Viel Streß für wenig Geld, geringe Beschäftigungssicherheit und wenig gesellschaftliche Anerkennung und fordert eine Attraktivitäts-Steigerung des Berufsbildes. Das kann der Nachhilfe News Blog Hamburg nur unterstreichen:

Die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen sind hart, die Entlohnung gering, die Erwartungshaltungen der Eltern an die KiTa’s groß, die gesellschaftliche Verantwortung immens, die Betreuungsgruppen für Erzieherinnen extrem heterogen zusammengesetzt.

Erzieherinnen sollen unterweisen, einem Haufen von hochgradig individualisierten Kindern – häufig aus Ein-Kind-Familien – Gruppensinn, Rücksicht und Gemeinschaftsgefühl vermitteln, fehlende Wärme und Zuneigung transportieren und sich auch noch um Sprachdefizite und vielfältige Teilleistungsstörungen kümmern.

Erzieherinnen geben Kindern – häufig zum ersten Mal – einen Malstift oder eine Schere in die Hand, leiten als erste zum Basteln und Singen an und versuchen, häufig als erste beim Kind mitteleuropäische Umgangsformen zu legen: Ein „Bitte“ und ein „Danke“…

Ein „Knochenjob“ eben, der hohen persönlichen Einsatz, phasenweise Selbstaufgabe und ein hohes Maß an Empathie erfordert und gesellschaftlich nicht hoch genug geachtet werden kann…

Die GEW Studie, die den Schwerpunkt sicherlich auf den Lohn- und Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen hat und mit Daten aus dem Jahr 2008 (rund 4500 Befragte) operiert, offenbart trotzdem darüber hinaus noch einige interessante Ergebnisse:

Erzieherinnen gehen wegen der hohen körperlichen und psychischen Belastungen im Schnitt mit 59 Jahren in Rente. 25% der Erzieherinnen gehen aus gesundheitlichen Gründen schon mit 54 Jahren in den Ruhestand… nur Mauer, Steinsetzer und Fussballspieler gehen früher in Rente…

Die Frauenquote unter den Erzieherinnen ist generell hoch: rund 32000 Männern stehen in der Branche 191500 Frauen gegenüber. Bei den Erziehern und Kinderpflegern sind Frauen mit einem Anteil von 93% beziehgungsweise 96% auch im Vergleich zu anderen sozialen Berufen überproportional häufig vertreten… wie überraschend…

Obwohl Kinder mit Migrationshintergrund in den Kindertageseinrichtungen unterrepräsentiert sind, bleiben sie in den Einrichtungen häufig unter sich: Ein gutes Drittel dieser Kinder besucht eine Einrichtung, in der mehr als 50% der Kinder ebenfalls einen Migrationshintergrund besitzen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 53). Anmerkung des Verfassers: Das Phänomen dieser Gruppenkohäsion fördert nicht gerade die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund…

Nur 7% der Erzieher und Kinderpfleger in Kindertageseinrichtungen verfügen über eigene Migrationserfahrung, dass heisst sie sind nicht in Deutschland geboren, sondern zugewandert.

Erzieher und Kinderpfleger sind seltener kinderlos als andere erwerbstätige Frauen. Insgesamt leben 55% der Erzieher und Kinderpfleger in einer Lebensform mit Kindern. Was der Nachhilfe News Blog Hamburg positiv findet: Es ist immer gut, wenn der Theaterkritiker auch selber Theater spielt… 🙂

Die Vollzeit (-Arbeits-) quote der Erzieherinnen ist bei den Alleinerziehenden höher als bei den Personen, die in einer Paarfamilie leben. Alleinerziehende kommen auf eine Vollzeitquote von 46%, Personen in Paarfamilien hingegen nur auf 32%.

Der Nachhilfe News Blog Hamburg lässt die obigen Extrakte aus der Studie im wesentlichen unkommentiert und meint ebenfalls, dass die Anerkennung des Erzieher-Berufes in Deutschland zu stärken ist und die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen verbesserungswürdig sind. Zusätzlich zeigt die GEW-Studie aber auch andere, gesellschaftlich wichtige Handlungsfelder auf.

Veröffentlicht von

Dr. Kai Pöhlmann

Dr. Kai Pöhlmann ist Inhaber der ABACUS Nachhilfe Institute Hamburg und Kreis Pinneberg und Gründer des ersten ABACUS-Nachhilfeinstitutes nördlich der Isar. Google+

Ein Gedanke zu „Erzieher in Deutschland: Unterbezahlt und überfordert?“

  1. Hallo, ihr Artikel beschreibt die Situation von Erzieherinnen sehr treffend.Ich bin seit 25 Jahren Erzieherin und das Ende meiner “Karriere” ist eine befristete 50% Anstellung und 3 Minijobs als Reinigungskraft, da ich bei den Arbeitszeiten in Kindertagesstätten:7.00-17.00 Uhr / flexibel / Ferienbetreuung / Elternarbeit / Teambesprechung…100 % nicht möglich wenn ich den Anspruch habe meine Söhne nicht nur am Abend zu betreuen.Auch die Kinder von Erzieherinnen brauchen eine Mutter die Zeit für sie hat! Erzieherinnen gesucht aber bitte ohne Kinder, so liegt das Durchschnittsalter der 100% Kräfte bei 20-30 Jahren, verbunden mit einem hohen Wechsel bei Schwangerschaften, Krankheitsausfall,Urlaub, Fortbildung…Mütter die sich mit einem oder zwei Kinder überfordert fühlen steht eine Erzieherin gegenüber welche 23 Kinder alleine betreut, aktuelles Beispiel von heute.
    Was mich wütend macht, ist das meine Kollegin nach dieser Situation an sich selbst zweifelt, ihre Erziehungskompetenz in Frage stellt und mit dem Gefühl der Ohnmacht nach Hause geht.
    Tabuthemen wie Mobbing, Druck von den Trägern oder Leitung,Leistungsdruck und permanente Förderung der Kinder überfordern Kinder und Erzieherinnen.
    Traurig das pädagogische Förderung für Kinder einen vollen Terminplan bedeutet und Eltern es nicht möglich ist mit ihren Kindern den Alltag zu leben, sondern ihren Alltag für die Kinder gestalten, planen und organisieren.
    Ich vermisse die Lobby die einen realistischen Personalschlüssel, kleinere Kindergruppen und Suppervision auch für Erzieherinnen als Standards fordert.
    Mit 25 Jahren Berufserfahrung sehe ich die politische, familiäre und gesellschaftliche Entwicklung in der Pädagogik und Erziehung nicht zum Wohl des Kindes.
    Trotzdem für alle Kolleginnen, die mit Herzblut jeden Tag sich der Verantwortung stellen, ihr seid nicht für das ganze Leben eines Kindes verantwortlich, sondern für jeden Tag.Auch bin ich überzeugt wenn es nicht so viele tolle Erzieherinnen und auch Erzieher gäbe, die sich gegenseitig stärken, zusammenhalten und loben, denn Lob ist leider die Ausnahme, wären die Situation noch frustrierender.

    Inge

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