Anmeldung weiterführende Schulen in Hamburg

Die Wahl nach der „richtigen“ weiterführenden Schule fällt Schülern und auch Eltern naturgemäß nicht immer leicht: Hamburg hat – trotz Vereinheitlichung der Schularten auf Stadtteilschulen und Gymnasien – noch immer ein vielfältiges Schulangebot.

Diese Entscheidung ist von vielen, familienindividuellen Prämissen abhängig. Einige wollen wir hier als Entscheidungshilfe listen. Grundlegend formal muss zunächst entschieden werden:

Stadtteilschule oder Gymnasium?

Die Entscheidung Stadtteilschule (ehemals Gesamtschule) oder Gymnasium reduziert sich leider für Schüler und deren Eltern in Hamburg häufig auf die Frage: „Turbo-Abi“ oder Abitur nach neun Jahren. Leider bietet Hamburg nicht die Option einer Rückkehr zu G9, obwohl diese von fast 80% aller Eltern gewünscht wird. Allein dieses wird jedoch beiden Schularten nicht gerecht und reicht zur Differenzierung als Entscheidungskriterium alleine sicher nicht aus. Stadtteilschulen bieten unter anderem ein augenscheinlich „breiteres“ Lehr- und Betreuungsprogramm, gerade für Schüler mit verhaltensorientierten, geistigen oder körperlichen Disparitäten im Rahmen der Hamburger Inklusion (S. 8 u. 9 der Broschüre „Hamburgs weiterführende Schulen“).

Formal (!) führen beide Schularten zum Abitur, auch die Bildungspläne beinhalten (gerade in der sogenannten Orientierungsstufe) die durchaus gleichen Lernfelder. Jedoch stellen Gymnasien in der Regel noch höhere Anforderungen an die Lern- und Selbstorganisationskompetenz der einzelnen Schüler und erwarten stärker ein selbstmotiviertes Erarbeiten des Stoffes. Das individuelle Leistungspotenzial des eigenen Kindes muss daher von Eltern auch für die Schul-Zukunft recht genau eingeschätzt werden können, denn die Schullaufbahnempfehlung der jeweiligen Grundschule ist in Hamburg (noch) nicht verbindlich.

Halbtags- oder Ganztagsschule?

Manche Eltern wünschen sich, dass ihr Kind auch nach dem regulären Unterricht bis in die späten Nachmittagsstunden unter einer (staatlichen) Aufsicht und Obhut steht, für viele Eltern bietet sich so zudem die Möglichkeit, dem Spagat aus eigener Berufsausübung und Kindererziehung ein wenig zu „entfliehen“ und die Sicherheit zu haben, das das eigene Kind bis 16:30 Uhr (sinnreich?) betreut wird. Häufig lassen allerdings persönliche, individuelle Lebenssituationen den Eltern hier auch nicht immer die Wahl… Hamburg bietet die Möglichkeit, Schüler in offenen, gebundenen oder teilgebundenen Ganztagsschulen fremdbetreuen zu lassen. Der Unterschied liegt sowohl in der Quantität des Angebotes der jeweiligen Schulen an den Nachmittagen als auch in der Form der verbindlichen oder unverbindlichen Teilnahme der Schüler. Auch einige Gymnasien in Hamburg gehören zu den Ganztagsschulen.

Neben diesen Formal beziehungsweise schulpolitischen Kriterien spielen auch noch andere Faktoren bei der Schulwahl der weiterführenden Schule eine Rolle:

Kohäsionsaspekte:

  • der Peer-Group-Faktor: Das eigene Kind hat sich 4 Jahre in der Grundschulklasse integriert und positioniert, Freunde gefunden und soziale Bindungen geknüpft. Freunde, mit denen es gemeinsam die Freizeit verbracht hat. Ein Schulwechsel ist immer mit einem „Bruch“ zu vergleichen und zieht häufig einen Schnitt durch diese gewachsenen Beziehungen. Gerade bei besonders sensiblen und feinfühligen Kindern sollte dieser Aspekt der Erhaltung des sozialen Beziehungsumfeldes bei der Schulwahl mit eine Rolle spielen.
  • der Bindungsfaktor: Häufig haben Schüler in der Grundschule schon eine(n) beste(n) Freund(in), welche eine wichtige Bezugsperson für die jeweilige Kindes-Entwicklung darstellt und durchaus auch schulisch motivieren kann.

sozialer / demoskopischer Aspekt:

ein Kind / Schüler bewegt sich in einem von Eltern, Familie und dem Umfeld geprägten soziologischen Raum und häufig örtlich-regional begrenzten Bezugsrahmen: Das soziale Umfeld. Alle Schulen in Hamburg sind nach einem Sozialindex (Auch KESS-Faktor, KESS-Index oder LAU-Index genannt) von 1-6 hierarchisch gestaffelt, welcher sich unter anderem am Sozialstatus und Bildungsgrad der Eltern, Hauptverkehrssprache und Migrationshintergrund bemisst. Schulen mit einem niedrigeren Sozialindex (sogenannte „Brennpunktschulen“) erhalten zum Beispiel mehr Ressourcen und Zuwendungen als andere Schulen in Stadtteilen mit einem höheren KESS-Faktor. Der KESS-Faktor wird regelmäßig neu erhoben. Die Veröffentlichung der neuen Schul-Sozial-Indizes in Hamburg ist für Januar 2013 – rechtzeitig zur Schulentscheidung – geplant.

temporale Aspekte:

Viele Dinge im Leben einer Familie und eines Schülers lassen sich organisieren und auch mittels eines guten „Time-Managements“ für Eltern und Kind optimieren. Jedoch hat der Tag immer nur 24 Stunden und selbst bei optimalster Ressourcenplanung lassen sich keine 25 Stunden daraus machen. Was nützt die tollste Schule mit dem besten Renommee und dem idealen Profil, wenn diese nur über eine längere, zeitraubende Wegstrecke zu erreichen ist? Ein Schüler braucht Freiräume für Freunde und Familie, zum Spielen und Lernen. Exorbitant lange Schulwege verringern diese so wichtigen Zeiten entscheidend. Hier ist oft im wahrsten Sinne nicht der Weg das Ziel…

Zusätzliche Info-Links zur Schulentscheidung für weiterführende Schulen in Hamburg:

Die Entscheidung für die weiterführende Schule für das eigene Kind ist niemals eine leichte und ist auch immer ganz Familien- und Schülerindividuell zu treffen. Ein Ideal ist nur schwer zu erreichen. Letztendlich sollten Schüler und Eltern aber berücksichtigen, dass sich zwar die Schule in der Regel auswählen lässt. Niemals jedoch der jeweilige Fachlehrer, der hier die Klasse unterrichtet. Spätestens seit den Erhebungen von John Hattie ist ja bekannt, dass diese Vermittlungsperson und deren tatsächliche Unterrichtsfähigkeiten eine ganz entscheidende Rolle für den individuellen schulischen Erfolg der Kinder spielt.

Veröffentlicht von

Dr. Kai Pöhlmann

Dr. Kai Pöhlmann ist Inhaber der ABACUS Nachhilfe Institute Hamburg und Kreis Pinneberg und Gründer des ersten ABACUS-Nachhilfeinstitutes nördlich der Isar. Google+

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